Logo Kanton Bern / Canton de BerneStaatsanwaltschaft

Stellung im Strafverfahren

Welche Rechte und Pflichten Sie im Strafverfahren haben, hängt davon ab, welches Ihre Rolle und Stellung im Strafverfahren ist.  Dies kann unter anderem Auswirkungen haben auf Ihre Aussagepflicht, Ihr Akteneinsichtsrecht und Ihre Möglichkeit einen Entscheid anzufechten.

Beschuldigte Person

Die beschuldigte Person wird verdächtigt, eine Straftat begangen zu haben. Gegen sie wird das Strafverfahren geführt. Sie hat die meisten Rechte. Sie hat nicht die Pflicht, sich selber zu belasten und den Behörden aktiv zu helfen. Sie muss nicht aussagen. Sie hat das Recht, eine Verteidigung zu beauftragen. 

Privatklägerschaft

Die Privatklägerschaft ist eine geschädigte Person, die als Partei am Strafverfahren teilnimmt. Sie schreibt der Polizei oder Staatsanwaltschaft, dass sie Privatklägerschaft sein möchte. Man unterscheidet dabei die Unterformen der Strafklägerschaft und der Zivilklägerschaft. Die Privatklägerschaft kann eine oder beide dieser Teilnahmearten wählen.

  • Die Strafklägerschaft nimmt am Verfahren teil mit dem Ziel, dass die beschuldigte Person bestraft wird. Sie kann entsprechende Anträge stellen und eine Einstellung oder einen Freispruch anfechten.
  • Die Zivilklägerschaft nimmt am Verfahren teil mit dem Ziel, dass die beschuldigten Person ihr einen Schadenersatz oder eine Genugtuung bezahlt. Sie muss ihre Forderung beziffern und belegen. Sie kann entsprechende Anträge stellen und einen Verfahrensabschluss anfechten, wenn die beschuldigte Person nicht zur Bezahlung der Zivilforderung verurteilt wird.

Bei Einvernahmen gilt die Privatklägerschaft in der Regel als Auskunftsperson, die aussagen muss.

Geschädigte Person

Die geschädigte Person wurde durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt. Sie wurde also zum Beispiel bestohlen, beschimpft, körperlich verletzt, ihr Eigentum wurde beschädigt oder ihr wurde in anderer strafbarer Weise ein Nachteil zugefügt.

Wenn die geschädigte Person körperlich, sexuell oder psychisch verletzt wurde, dann ist sie Opfer.

Die geschädigte Person kann Anzeige erstatten oder Strafantrag stellen. Dann ist sie Anzeige erstattende Person oder Antrag stellende Person.

Die geschädigte Person kann erklären, am Verfahren als Verfahrenspartei teilzunehmen und zum Beispiel Schadenersatz zu fordern. Dann ist sie Privatklägerschaft.

Opfer

Das Opfer ist eine geschädigte Person, die körperlich, sexuell oder psychisch verletzt wurde.

Das Opfer hat im Vergleich zu anderen geschädigten Personen zusätzliche Rechte: Es kann sich bei der Einvernahme von einer Vertrauensperson begleiten lassen. Es kann Fragen zur Intimsphäre bei Sexualdelikten verweigern. Es kann die Begegnung mit der beschuldigten Person vermeiden. Es kann über die Haftentlassung der beschuldigten Person informiert werden. Es kann von einer Opferhilfestelle unterstützt werden. Und es hat noch weitere ähnliche Rechte im Verfahren.

Die Behörden weisen das Opfer auf seine Rechte hin. Sie können auch die Polizei oder die zuständige Verfahrensleitung fragen, wenn Sie als Opfer Rechte ausüben wollen.

Antragstellende Person

Bestimmte Straftaten sind nach Gesetz nur auf Antrag strafbar. Dann kann die Person, die durch die Straftat geschädigt wurde, innert drei Monaten Strafantrag stellen oder auch nicht. Wenn die Person Strafantrag stellt, gilt sie damit als Privatklägerschaft. Sie kann aber auch nach dem Strafantrag auf die weitere Teilnahme am Verfahren verzichten. Die Rechte und Pflichten der antragstellenden Person hängen also davon ab, ob sie Privatklägerschaft sein will oder eine geschädigte Person, die nicht am Verfahren teilnimmt.

Anzeige erstattende Person

Jedermann kann Strafanzeige erstatten. Dabei informiert die Anzeige erstattende Person die Polizei oder Staatsanwaltschaft einfach über etwas, was geschehen ist. Wer ohne weiteren Bezug zum Verfahren einfach Anzeige erstattet, hat keine weiteren Rechte im Verfahren. Er darf aber anfragen, ob ein Verfahren eingeleitet und wie es erledigt wurde.

Zeugin oder Zeuge

Der Zeuge oder die Zeugin wird befragt und ist dabei nicht beschuldigte Person, nicht Privatklägerschaft und auch nicht aus bestimmten Gründen eine Auskunftsperson. Ein Zeuge oder eine Zeugin ist älter als 15 Jahre und urteilsfähig. Er oder sie kann zur Aufklärung beitragen, indem er oder sie sagt, was er oder sie gesehen, gehört oder in anderer Weise wahrgenommen hat. 

Ein Zeuge oder eine Zeugin muss grundsätzlich aussagen. Unter bestimmten Umständen darf die Aussage verweigert werden. Über diese Zeugnisverweigerungsgründe wird der Zeuge oder dieZeugin zu Beginn der Einvernahme informiert.

Auskunftsperson

Die Auskunftsperson wird befragt und ist dabei nicht beschuldigte Person und aus bestimmten Gründen auch nicht Zeuge oder Zeugin. Manchmal kann sie nicht Zeugin oder Zeuge sein, weil sie noch im Kindesalter oder eingeschränkt urteilsfähig ist. Oder weil sie eine ähnliche Rolle wie eine beschuldigte Person hat. Manchmal wird eine Person von der Polizei vorerst als Auskunftsperson befragt, wird aber später Zeugin oder Zeuge. 

Auskunftspersonen müssen nicht aussagen. Ein Spezialfall der Auskunftsperson ist die Privatklägerschaft. Sie muss aussagen.

Sachverständige

Die oder der Sachverständige macht mündlich oder schriftlich Aussagen gestützt auf besondere Kenntnisse und Fähigkeiten. Es handelt sich um eine Expertin oder einen Experten oder um eine Gutachterin oder einen Gutachter. Sie  oder er übernimmt ihre oder seine Aufgabe im Verfahren in der Regel freiwillig und erhält dafür eine angemessene Entschädigung. Sie oder er ist zur Sorgfalt und Wahrheit verpflichtet. Mündliche Aussagen macht sie oder er als Zeugin oder Zeuge.  

Durch Verfahrenshandlung beschwerte Person

Eine Person kann durch eine Verfahrenshandlung, wie zum Beispiel eine Hausdurchsuchung, Beschlagnahme, Überwachung oder ähnliches, unmittelbar benachteiligt werden. Sie muss eine rechtmässige Verfahrenshandlung grundsätzlich dulden. Ist die benachteiligte Person der Ansicht, dass die Verfahrenshandlung nicht rechtmässig ist, kann sie eine Überprüfung verlangen oder unter Umständen auch Schadenersatz oder Genugtuung.

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